Wenn im Frühling die Südalpine Tulpe in der Moosalpregion blüht, ist es Zeit für eine besondere Wanderung. Geführt wird die Wanderung von Peter Salzmann, der Wander- und Kulturführer mit Herzblut ist. Schon als Kind verbrachte Peter seine Ferien in Bürchen. Heute kennt er die Moosalpregion wie seine Hosentasche. Mit einem feinen Gespür für Natur, Menschen und Geschichten begleitet er Gäste auf den Spuren einer seltenen Blume, die fast nur noch im Oberwallis wächst: die Südalpine Tulpe. Wer mit Peter unterwegs ist, spürt schnell: Hier geht es nicht nur ums Wandern. Es geht ums Hinsehen. Ums Staunen. Und darum, warum die Südalpine Tulpe so besonders ist.
Peter, was macht die Südalpine Tulpe so besonders?
«Die Südalpine Tulpe wächst wild. Das das ist sehr selten. Ihre Hauptverbreitung liegt eigentlich in den Gebirgen von Südosteuropa, rund ums Mittelmeer, bis nach Portugal und sogar Nordafrika. In der Schweiz findet man sie nur im Oberwallis. Der Leuker Biologe Ralph Imstepf hat das in seiner Studie ganz klar aufgezeigt. Das Wallis trägt eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art, da die Südalpine Tulpe auf der Roten Liste steht und als verletzlich gilt.»
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Warum wächst die Südalpine Tulpe gerade in Törbel und der Moosalpregion besonders gut?
«Unsere Region rund um Törbel und die Moosalp bietet der Südalpinen Tulpe genau das, was sie braucht: Wechselfeuchte Mähwiesen, also Flächen, die mal trockener und mal feuchter sind. Diese befinden sich an sonnigen Hängen zwischen 1600 und 2000 Metern Höhe, perfekt für die Pflanze. Besonders gute Bedingungen findet man zum Beispiel in Hostettu.»
Woran erkennt man die Südalpine Tulpe? Wie unterscheidet sie sich von den bekannten Gartentulpen?
«Gartentulpen sind rund, bunt und kräftig. Die Südalpine Tulpe dagegen ist schlichter, feiner und die einzige Tulpenart, die bei uns in der Schweiz wild wächst. Sie hat sechs gelbe, spitze Blütenblätter, die vier bis sechs Zentimeter lang sind. Die äusseren drei Blütenblätter sind oft etwas schmäler und leicht rötlich gefärbt. Der Stängel ist zwischen zehn und vierzig Zentimeter hoch, aber viel dünner als bei der Gartentulpe. Man muss genau hinsehen, aber wer sie einmal erkennt, vergisst sie nicht mehr.»
Was bedroht die Südalpine Tulpe und warum ist ihr Schutz so wichtig?
«Gefährdet ist sie durch vieles: Zu frühes Mähen, Düngung, intensive Beweidung, Ausnivellieren von Wiesen oder Berieselung mit Sprinklern. Und leider auch durch Menschen, die sie pflücken oder sogar die Zwiebeln ausgraben. Man hat versucht, die Tulpen an anderen Orten neu anzusiedeln, zum Beispiel bei Naters oder Mörel. Das hat aber kaum funktioniert. Umso wichtiger ist es, die bestehenden Standorte zu erhalten. Denn wenn sie hier verschwindet, verschwindet sie wahrscheinlich überall.»
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Welche Rolle spielt Pro Natura im Erhalt der Südalpinen Tulpe?
«1968 kaufte der Schweizer Bund für Naturschutz (heute Pro Natura) eine 2600 Quadratmeter grosse Weide beim Weiler Hostettu. Mit dem zuständigen Landwirt konnte ein Vertrag abgeschlossen werden, der die Bewirtschaftungsbedingungen der Wiese regelt.»
Was erwartet Besucher:innen bei der Tulpenwanderung?
«Wir starten gemütlich mit einem Kaffee im Kailash International Retreat in Törbel. Dann steigen wir durch enge, steile Gassen im alten Dorfkern hoch auf den Schleif nach Hostettu. Dort besuchen wir die Pro Natura Tulpenwiese und den sagenumwobenen Dilgerstein. Weiter geht es durch einen Lärchenwald hinunter in den Weiler Burgen, wo wir in einer kleinen Barockkapelle Halt machen. Am Schluss laufen wir durch verschiedenste Lebensräume wieder hoch zum Hotel Weisshorn, wo wir essen. Die Strecke ist sechs Kilometer lang, mit je 300 Höhenmetern rauf und runter. Die Strecke wird in drei Etappen à etwa 40 Minuten eingeteilt. Dazu kommen rund anderthalb Stunden, in denen wir über Natur und Kultur sprechen. Es braucht also keine sportliche Höchstform. Offen und neugierig sein reicht.»
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5 schnelle Fragen an Peter Salzmann
Dein Lieblingsort in der Moosalpregion?
«Der Bonnigersee, ein klassischer Moorsee, an dem ich den Moores Alp-Krimi beim Sonnenuntergang erzähle.»
Deine Lieblingssaison in der Moosalpregion?
«Herbst, wenn die Lärchen golden werden und die Restaurants Wildspezialitäten anbieten.»
Was darf bei einer Wanderung nie fehlen?
«Normalerweise habe ich einen Alpenkäse und ein Stück Roggenbrot im Rücksack für eine Stärkung zwischendurch.»
Drei Worte, die die Moosalpregion perfekt beschreiben?
«Moorebene, Bergpanorama, Kochkunst.»
Frühaufsteher oder Langschläfer?
«Frühaufsteher: Meine Schwester wartet seit bald 20 Jahren jeden Morgen früh im Quartier auf mich und dann gehen wir eine dreiviertel Stunde laufen.»
Schönste Begegnung in der Natur?
«Noch heute erstarre ich bei jeder Begegnung mit einer Gams, einem Steinbock, einem Hirsch oder einem Reh in Ehrfurcht und versuche, eine Verbindung aufzubauen, um diesen Moment möglichst lange auszukosten.»