Seit sechs Jahrzehnten verbindet das gelbe Postauto Bürchen mit der Moosalp – auf einer Route, die mehr trägt als nur Passagiere: Erinnerungen, Begegnungen und ein Stück regionaler Geschichte. Am Samstag, 14. Juni 2025 feiern wir dieses runde Jubiläum mit einem ganz besonderen Event – und blicken gleichzeitig zurück auf eine eindrucksvolle Zeitreise.
Wenn 91 Personen im Bus Platz fanden – Erinnerungen von Hans Gattlen
Hans Gattlen erinnert sich noch gut an die Zeit von 1970 bis 1990, als er als Postchauffeur in Bürchen unterwegs war. Gefahren wurde damals mit einem markanten Saurer-Postauto, das sich mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl die teils unbefestigten Strassen hinaufschlängelte. Der Andrang war stets gross, vor allem am Älplerfest im Juli. «Einmal zählte der Postdirektor 91 Personen im Bus!», erzählt Hans mit einem Lächeln und ergänzt, dass solche überfüllten Fahrten in dieser Zeit keine Seltenheit waren.
Er erinnert sich weiter: «Trotz der grossen Verantwortung schätzte ich den direkten Kontakt mit den Fahrgästen sehr. Als geselliger Mensch war mir der Austausch fast ebenso wichtig wie das sichere Manövrieren des vollbesetzten Busses auf der engen Strasse. Nur einmal musste ich aussetzen: Beim Montieren der Schneeketten im Albenwald rutschte ich aus und brach mir das Handgelenk.»
Natürlich gab es auch einige amüsante und kuriose Erlebnisse. In den Anfangsjahren wurden im Postauto nicht nur Menschen, sondern auch Tiere wie Schweine, Kälber oder Schafe transportiert. Dies mit einem Sack am Hinterteil, damit das Fahrzeug sauber blieb. Für den Notfall war stets eine Motorsäge dabei, falls ein umgestürzter Baum den Weg blockierte und dieser freigeräumt werden musste.
Besonders gut erinnert sich Hans Gattlen an eine Geschichte, die zeigt, wie streng und zugleich menschlich es damals zuging: «Einmal, an einem besonders heissen Sommertag auf der Moosalp, verzichteten ich und ein Kollege auf unsere Krawatten. Ein Fahrgast aus Lausanne hielt diesen modischen Befreiungsschlag mit einem Foto fest und schickte dieses Foto prompt an den Postdirektor. Am nächsten Tag wurden wir ins Direktionsbüro zitiert. Zwar leugneten wir zunächst alles, doch das schlechte Gewissen trieb mich dazu, die Verfehlung am Folgetag zuzugeben. Der Direktor präsentierte daraufhin mit einem Grinsen das Beweisfoto.»
Auch der Fahrkartenverkauf lag damals in der Verantwortung der Chauffeure – inklusive Ausweiskontrolle für Einheimische. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm dabei eine ältere Dame, die sich weigerte, ihren Ausweis zu zeigen, und ihn kurzerhand als «Schnuderbotsch» beschimpfte, was ihn aber eher amüsierte als beleidigte.

Auf den Spuren seines Vaters – Beat Lehner und das Postauto-Erbe
Auch Beat Lehner verbindet viele Erinnerungen mit der Postautostrecke von Visp über Bürchen hinauf zur Moosalp – allerdings nicht nur als Sohn eines Chauffeurs, sondern auch als Fahrer selbst. Zwar war er schon seit 1980 gemeinsam mit seinem Vater offizieller Postautohalter, doch erst mit 27 Jahren erwarb er den Führerausweis der Kategorie D und durfte ab 1987 selbst ans Steuer. Damals war es noch möglich, einen sogenannten Streckenausweis zu bekommen, der ihn zunächst nur auf der Linie Visp–Bürchen–Moosalp fahren liess – seine persönliche Hausstrecke, wie er sie heute noch nennt.
Seine allererste Fahrt verlief gleich unter erschwerten Bedingungen: tiefster Winter, frühe Morgenstunde, Strecke Bürchen–Visp. Normalerweise schliefen die Schichtarbeiter zu dieser Zeit im Bus. «Doch an diesem Tag war niemand entspannt. Alle waren wach und angespannt. Wahrscheinlich fragten sie sich: Geht das wohl gut mit dem Neuen am Steuer?», erzählt er rückblickend mit einem Augenzwinkern.
Über die Jahre entwickelte sich vor allem die Fahrt auf die Moosalp zu seinem ganz persönlichen Highlight. Die Strecke ist nicht nur landschaftlich einmalig, sondern auch anspruchsvoll, vor allem im Sommer, wenn Velofahrer zur grössten Herausforderung werden. Da ist das Dreiklanghorn nicht einfach nostalgisches Beiwerk, sondern ein unverzichtbares Werkzeug.
Die Strecke ist kein Zuckerschlecken. Und auch heute kommt es vor, dass Autofahrende beim Rückwärtsfahren Hilfe brauchen, oder gleich das ganze Auto vom Postautochauffeur übernommen wird, damit es weitergeht.
Rund dreissig Jahre lang war Beat Lehner als Postautounternehmer unterwegs, meist an den Wochenenden, als bewusster Ausgleich zu seinem Hauptberuf als Bankleiter bei der Raiffeisenbank. Die Leidenschaft fürs Fahren, für die Strecke und für den Kontakt mit den Menschen ist geblieben, genauso wie der Respekt vor der besonderen Verantwortung, die jeder Postautofahrer mit sich trägt.
Mitfahren, Mitfeiern, Mitlachen – am 14. Juni 2025 auf die Moosalp!
Ob langjährige Einheimische, treue Feriengäste oder spontane Ausflügler: Das 60-jährige Jubiläum der Postautostrecke auf die Moosalp ist der perfekte Anlass, gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen – und neue zu schaffen.
Erste Sommerfahrt 2025 auf die Moosalp
- 10:12 Uhr ab Visp, Bahnhof Süd
- 10:36 Uhr ab Hasel
- 10:42 Uhr ab Ronalp
- 10:50 Uhr ab Egga
Festprogramm auf der Moosalp
- Festlich geschmückter Jubiläums-Postbus mit kleinen Überraschungen
- Apéro mit Ansprache von Thomas Lehner
- Live-Musik von Handörgleler Ignaz und Martin
- Ausstellung mit historischen Fotos und Kinderzeichnungen
- Preisverlosung des grossen Postauto-Malwettbewerbs